Einleitende Gedanken

Fehlfarben

Meist empfinden wir unsere visuelle Sinneswahrnehmung als absolut, denken nicht darüber nach, dass sie nur einen kleinen Ausschnitt dessen darstellt, was wirklich ist. So können wir über die Rezeptoren unserer Netzhaut vom vorhandenen elektro- magnetischen Wellenspektrum lediglich den Bereich von 400 bis 700 nm in „unsere Farben und Formen“ umsetzen.

Jedoch: die CCD- und CMOS-Sensoren von handelsüblichen Digital-Kameras “sehen“ mehr: Grundsätzlich liegt ihre spektrale Empfindlichkeit im Bereich von etwa 250 bis 1100 nm, was sowohl die UV- also auch die bei 700 nm beginnende nahe Infrarotstrahlung (zu trennen vom noch längerwelligen thermischen Infrarot) mit einschließt.

Interne Sperrfilterpakte vor dem Sensor, die Kamera-Software und entsprechend abgestimmte Objektiveigenschaften sorgen dafür, dass der für das menschliche Auge verwertbare Spektralbereich und damit auch unsere gewohnte Farbgebung optimal dargestellt wird.

Was erwartet uns, wenn wir diesen vertrauten visuellen Bereich durch das Entfernen des internen Sperrfilters einer Kamera verlassen?

Die folgende Ausstellung möchte vor allem in die fremdartig erscheinende Welt eines verschobenen spektralen Bereichs entführen, der vom nahen Infrarot dominiert wird.

Verwendet wurde dazu eine Spiegelreflex-Kamera (Pentax K-X) mit CMOS-Sensor, deren interner Sperrfilter durch Klarglas ersetzt wurde. Nun lassen sich mit unterschiedlichen, vor die Objektive geschraubten Filtern gezielt Spektralbereiche auswählen und deren charakteristische Farbgebung darstellen.

Detaillierte Erklärungen des sehr komplexen technisch-optischen Hintergrunds würden an dieser Stelle den Rahmen sprengen, aber zum besseren Verständnis der Infrarot-Fotografie sind einige erklärende Textpassagen in die Ausstellung mit eingebaut.

Und so wünsche ich trotz ungewohnter und fehlender Farben viel Spannung und Überraschungsspaß.

Katrin Kell